Bennungen – St. Johannes-Kirche

Die Kirchengemeinde Bennungen

Bennungen ist nach über 900jähriger Selbstständigkeit heute ein Orteil der Gemeinde Südharz und liegt mitten in der Goldenen Aue direkt an der Bahnlinie Halle-Kassel und der A38 Leipzig-Göttingen. Von den rund 850 Einwohnern gehören rund 150 zur evangelischen Kirchengemeinde. Die St. Johannes-Kirche ist prägend für das Ortsbild und Zielpunkt der wunderschön angelegten Breiten Straße. Kirchlich war Bennungen über Jahrhunderte ein selbstständiges Kirchdorf mit Sitz eines Pfarrers. In den Veränderungen der Nachwendezeit gehörte Bennungen eine Zeitlang mit zur Pfarrstelle Brücken, seit 2011 gehört der Ort zur Pfarrstelle Roßla.  Aufgrund der guten Zusammenarbeit hat sich der GKR Bennungen 2018 entschlossen, ab dem 1.1.2019 gemeinsam mit der KG Tilleda und dem KSP Roßla (mit Dittichenrode, Wickerode, Agnesdorf, Breitungen, Questenberg) gemeinsam den Kirchengemeindeverband (KGV) Roßla zu bilden.

Für das kirchliche Leben sind insbesondere Formate wichtig: Alle zwei Wochen trifft sich die Gemeinde zum Gottesdienst. An jedem Dienstag abend finden die Proben des Kirchenchors statt. Einmal im Monat versammeln sich rund 15 Frauen zum Frauenkreis, und es gibt verschiedene Angebote für Kinder.

Die Kirchengemeinde Bennungen hat schon Mitte der neunziger Jahre ihr Pfarrhaus verkauft, das heute der Architektin Regine Hartkopf (denkmalarchitektur) gehört. Die Kirchengemeinde hat einen Mietvertrag für den Gemeinderaum abgeschlossen, der sich im rechten Teil des Erdgeschosses befindet. Für den Frauenkreis und für Kinderaktion ist die Kirchengemeinde dankbar, Räume des Architekturbüros Hartkopf im Birkenhof nutzen zu können.

Die Kirche St. Johannes

Bennungen ist ein Dorf – und besitzt doch eine herrschaftliche, große Kirche. Ähnlich wie die Roßlaer Kirche ist sie noch keine 150 Jahre alt. Die Vorgängerkirche war, wie man aus einer alten Zeichnung entnehmen  kann, ein für unsere Gegend typischer Feldsteinbau, der auf eine alte Wehrkirche zurückging. Auch sie war Johannes dem Täufer geweiht. Als diese Kirche Mitte des 19. Jahrhunderts zunehmend baufällig wurde, entstand auf interessantem Weg der Plan für einen Neubau: Von Bennungen ungefähr per Luftlinie 3 km entfernt liegt der Ort Roßla, der der Sitz des Grafengeschlechts von Stolberg-Roßla ist. Der Mitte des 19. Jahrhunderts regierende Karl Martin Graf zu Stolberg-Roßla (1822-1870) hatte Bertha Gräfin zu Solms-Rödelheim geheiratet. Das junge Paar war – so wird überliefert – glücklich, doch Gräfin Bertha ergriff immer wieder starkes Heimweh nach ihrer Heimat in Rheinhessen. So soll sie den Wunsch geäußert haben, wenigstens morgens beim Blick aus dem Fenster den heimatlichen Kirchturm von Schönburg sehen zu können. Da die Bennunger Kirche sowieso sanierungsbedürftig war, beauftragte Graf Karl Martin seinen Bauverwalter Wolff mit der Projektierung eines Kirchenneubaus nach dem Vorbild der Kirche von Schönburg. So musste die kleine alte Kirche Weichen und die Bennunger kamen – natürlich ungefragt – zu ihrer großen spätklassizistischen Kirche, die dann 1848/49 gebaut wurde. In ihrem Stil ist sie bis heute in der Gegend zwischen Kyffhäuser, Südharz und Mansfeld einmalig.

Die Kirche wurde dann innerhalb von nur 11 Monaten gebaut. Das Innere teilen zwei Reihen mit je fünf achteckigen, etwa 14m hohen Säulen in drei Schiffe, und in je einen dreiseitigen Ost- und Westschluß. In den Westschluß einbezogen ist der quadratische fünf-geschossige Turm. Er sieht aus, als hätte man lauter Würfel aufeinander gesetzt, und mißt die beachtliche Höhe von über 40m. Immerhin konnte er Turm deutlich vom Fenster des Roßlaer Schlosses gesehen werden.

Nach der Einweihung 1849 wurde die Kirche genutzt, ohne aber die regelmäßig notwendigen Sanierungen durchzuführen. 1971 dann schlug der Blitz in die Bennunger Kirche ein und entzündete den Dachstuhl. Aufgrund der großen Rauchentwicklung konnte die Feuerwehr den Brandherd nicht sofort orten, so dass bei den Löschversuchen auch das Altarbild beschädigt und die Orgel zerstört wurde. Als Folge des Brandes wurde die Kirche dann baupolizeilich gesperrt. Als 1971 Pfr. Ritter seine erste Pfarrstelle in Bennungen antrat, war die Kirche fast Ruinengleich. Unter großer Beteiligung des Dorfes Bennungen und der Kirchengemeinde begann dann schrittweise die Sanierung. Bis Ende der siebziger Jahre konnte das Dach geschlossen und die Brand- und Löschschäden beseitigt werden, so dass die Kirche wieder als Gottesdienstraum genutzt wurde. Mitte der achtziger Jahre gelang es dann, den maroden Kirchenturm zu sichern. Seit der Wende hat der Gemeindekirchenrat mit Pfr. Ritter dann viele Möglichkeiten genutzt, die Kirche komplett zu erneuern. Auch Dank der Förderung von Denkmalschutz, Dorfentwicklung, Lotto-Toto, Landeskirche und anderen Stiftungen sind seit dem die Dächer, Mauern und der Turm saniert und auch der Innenraum neu renoviert. Als letzter Bauabschnitt konnte die wertvolle Strobel-Orgel saniert werden.

Ein interessantes Detail in der Kirche ist das Ölgemälde, dass sich bei den Kerzen im Seitenschiff befindet. Es ist wurde am Pfingstsonntag, den 3.6. 2001, von der aus Bennungen stammenden und seit vielen Jahren in Kanada lebenden Ulla Ringleb nach der Vorlage aus der Zeit des Kirchenbaus gemalt. Am Pfingsttag 1855 wurde, wie der damalige Pfarrer August Oscar Schmidt schreibt, das Altarbild des jungen Leipziger Malers August Barbe in der Kirche aufgestellt. Er hatte über 8 Monate daran gearbeitet. Zwei Bennungern Familien, Oberratsnotar Pickardt und Bäckermeister Albinus Röder, die nach Riga ausgewandert waren, sowie der Fürst zu Stolberg-Roßla und die Gemeinde Rbennungen spendeten das Geld für dieses Bild. „Möge das Bild recht vielen Seelen in unserer Gemeinde bis in die fernsten Zeiten zur Erhebung und Erbauung dienen“ – mit diesem Wunsch blickt die Chronik auf die Übergabe des Bildes. Doch nach dem Blitzeinschlag und den schweren Löschwasserschäden war das Bild 1871 unwiderruflich zerstört. Doch mit der Originalskizze des Malers in Wasserfarben und mit einem noch vorhandenden vergilbten Buntfoto konnte Ulla Ringleb dieses Bild wieder neu malen, dass nun wieder seinen Platz in Bennungen hat.

Die Strobel-Orgel

Die relativ große Orgel in Bennungen hat eine interessante Entstehungsgeschichte: Der bekannte Bennunger Orgelbauer Johann Andreas Scheidler baute für die alte Bennunger Kirche 1825 eine neue Orgel. Als dann nur 23 Jahre später eine neue Kirche (die heutige) erbaut wurde, erhielt der Orgelbauer Julius Strobel aus Bad Frankenhausen den Auftrag, die Scheidler-Orgel abzubauen, in der neue Kirche aufzubauen und zu ergänzen. Bei der großen Restaurierung der Orgel im Jahr 2006 konnte der damit betraute Orgelbauer Georg Wünning fast durchgängig zeigen, welche Teile von der Scheidler-Orgel stammten und welche Strobel neu einfügte, da beide Orgelbauer ihre eigene handwerkliche „Handschrift“ haben.

Nach dem Umbau durch Strobel hat die Orgel insgesamt 25 Register (11 Hauptmanual, 7 im 2. Manual und 7 im Pedal), woraus eine große Klangfülle resultiert. Der Orgel(um)bau wurde wie die Kirche auch 1848 vollendet, wie eine Signatur am Blasebalg zeigt.  Nach dem Brand der Kirche 1971 gab es an der Scheidler/Strobel Orgel große Schäden, so dass sie erst mit der großen Sanierung durch Wünning spielbar wurde.

Kirchweihe 1848 (von Heinz Noack, Bennungen)

Der 25. September 1848 war ein großer Tag für Bennungen: Statt der üblichen Dorfkirmes wurde an diesem Montag mit einem großen Fest die neuerbaute Sankt-Johannes-Kirche in der Breiten Straße eingeweiht.

Gegen 9.30 Uhr traf Graf Karl Martin zu Stolberg-Roßla ein und der Zug formierte sich. Der Lehrer und Organist Friedrich Kiebitz trug auf einem Kissen den Schlüssel. Ihm folgten der Bauverwalter Wolf, die Kirchenvorsteher Gottlob Reinshaus mit der Altarbibel und Karl Kramer mit dem Kruzifix sowie weitere Repräsentanten aus Bennungen und den umliegenden Orten.

Vor dem Westportal nahm auf der obersten Stufe der Bauverwalter den Schlüssel vom Kissen und reichte ihn Graf Karl Martin. Jener drückte den Schlüssel Pfarrer Carl Rothmaler in die Hände und befahl ihm, die Tür zu öffnen. Alle geladenen Gäste nahmen im Gestühl Platz. Für die Behörden und Geistlichen aus der Grafschaft Stolberg-Roßla war der Altarraum reserviert.

Es folgte ein Festgottesdienst. Die Weihe vollzog der Superintendent Zöllich vom Gräflich Stolberg-Roßlaischen Konsistorium, die Weihepredigt hielt Pastor Rothmaler. Er legte darin das Wort der Sonntagsepistel zu Grunde: „Der Herr ist`s, der alles neu macht“.

Nach dem Gottesdienst verließen die Gäste die Kirche in umgekehrter Reihenfolge. Der Graf nahm noch die Parade der Bürgerwehr ab. Am Abend zuvor musste ihm das Programm zur Genehmigung vorgelegt werden. Er nahm auch nicht am offiziellen Frühstück und Mittagstisch bei Rothmalers im Pfarrhaus teil, sondern war Gast des Ackergutsbesitzers Otto, dem Oberst der Bürgerwehr. Möglicherweise waren ihn noch ein halbes Jahr nach der Revolution nicht alle Bürger wohlgesonnen. Trotz Einladung erschienen der Polizeirat Golde und der Administrator der Wilhelmsstiftung Warze nicht zur Feier.

Pfarrer Rothmaler schreibt in der Chronik, dass an diesem Tag rund 2000 Gäste nach Bennungen gekommen waren. Alle wollten die neue Kirche sehen. „Es war so voll, das sogar Fensterscheiben eingedrückt wurden“, schreibt er. „Man hat auch viel Schmutz hinterlassen.“

Mit der Fertigstellung kamen neue finanzielle Probleme auf die Kirchengemeinde zu. Noch 1850 waren 6000 Taler an der Rechnung des Bauverwalters Wolff offen. Die Kirchengemeinde führte eine Klage gegen die Wilhelmsstiftung, um den vollen Baukostenzuschuss in Höhe von 13.540 Talern zu erhalten. Das Urteil fiel zu Gunsten der Bennunger aus und die Stiftung musste zahlen.

Den Zuschlag für den Neubau hatte der Bauverwalter Wolff aus Roßla am 5. Mai 1847 für die projektierten Kosten in Höhe von 15.540 Talern bekommen. Die Kirchengemeinde verfügte nur über ein Kapital von 2000 Talern. Davon musste sie für den Neubau 1000 Talern bereitstellen. Weitere 1000 Taler stiftete Graf Martin aus seinem Privatvermögen und den Rest musste die Wilhelmsstiftung übernehmen.